Für Unternehmen

Studie: Bewerbungsmythen nach wie vor fest verankert

Symbolbild Bewerbungsmythen
© gpointstudio/AdobeStock

Köln, 13. Juli 2022

Laut Stellenindex BA-X der Bundesagentur für Arbeit wurden noch nie so viele Fachkräfte in Handel, Gastgewerbe, Logistik und im verarbeitenden Gewerbe gesucht. Der Arbeitsmarkt hat sich bei den Fachkräften längst zum Kandidatenmarkt entwickelt, auf dem Jobinteressenten stärker als früher die Regeln bestimmen können. Eine aktuelle Studie von meinestadt.de zeigt: Die Entwicklung ist bei den Fachkräften selbst noch nicht so richtig angekommen. Viele halten an Glaubenssätzen aus der Zeit fest, als Arbeitgeber noch die Regeln bestimmten.

Für die Studie hat das Marktforschungsinstitut respondi im Auftrag des Regionalportals insgesamt 2.000 Fachkräfte mit Berufsausbildung sowie 250 HR-Verantwortliche befragt. Der Erhebung zufolge suchen 65 % der Fachkräfte mit Berufsausbildung aktuell weniger als zwei Monate nach einem neuen Job, in der Pflege 58 % sogar weniger als einen Monat. Die meisten Fachkräfte können sich Jobs und Arbeitgeber aktuell aussuchen, dennoch sind Glaubenssätze aus der Zeit des Bewerberüberhangs stark verbreitet.

Bewerbende sind Bittsteller

“Die Bewerbenden sind Bittsteller: Sie möchten etwas vom Unternehmen, nicht umgekehrt.” Der Klassiker unter den Glaubenssätzen aus Jobmärkten mit Bewerberüberhang: Bewerbende klopfen demütig an die Tür der Arbeitgeber und warten geduldig auf deren gnädige Antwort. Mittlerweile glauben mehr Fachkräfte (31 %) als Personalverantwortliche (20 %) daran (addierte Anteile „stimme voll zu“ und „stimme eher zu“).

Das Anschreiben ist der wichtigste Teil der Bewerbung

Dem Statement stimmen 69 % der Fachkräfte zu, aber nur noch eine Minderheit von 48,6 % der HR-Verantwortlichen. Bei Personalern ist das Anschreiben längst als für die Auswahl als wertlos und unnötige Hürde in einem enger werdenden Kandidatenmarkt in Verruf gekommen.

Bewerbungen mit Fehlern werden automatisch aussortiert

“Bewerbungen, die Rechtschreib- oder Grammatikfehler enthalten, werden automatisch aussortiert.” Davon sind aktuell 73,2 % der Fachkräfte und 54,2 % der HR-Verantwortlichen überzeugt. Bei einer größer werdenden Minderheit der Verantwortlichen in den Betrieben wachsen die Zweifel darüber, ob Rechtschreibfehler in der Bewerbung eine Zerspanungsmechanikerin tatsächlich Auskunft über ihre Eignung für den Job geben.

Mit zu hoher Gehaltsforderung aus dem Rennen

„Wer in der Bewerbung ein zu hohes Gehalt fordert, wird automatisch aussortiert.“ Diesem Statement stimmen rund 60 % der Fachkräfte, aber nur 45 % der HR-Verantwortlichen zu. Hinzu kommt: Nur ganze 12 % der HR-Verantwortlichen stimmen dem Statement uneingeschränkt zu („stimme voll zu“).

Das ausschließliche Interesse gilt dem einen Arbeitgeber

„Bewerbende, die bereits ein Jobangebot von einem anderen Unternehmen haben, sollten dies im Bewerbungsgespräch besser nicht zugeben.“ Eine große Mehrheit von 74 % der Fachkräfte hält an diesem Glaubenssatz fest, der nur noch von 43 % der Verantwortlichen auf Unternehmensseite geteilt wird. Fakt ist: Das Bewerbungs-Gebot „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ wirkt bei der aktuellen Lage auf den Arbeitsmärkten für Fachkräfte fast unfreiwillig komisch. Mehr und mehr Personaler gehen entspannt damit um, dass Fachkräfte bei der Bewerbung noch andere Eisen im Feuer haben.

Tipps für Fachkräfte

  1. Haltung: raus aus der Bittsteller-Position
    In vielen Branchen und Jobs ist die Lage für Fachkräfte gerade günstig, um sich zu verbessern. Nutzen Sie diese Möglichkeiten. Ihre Aufmerksamkeit im Bewerbungsprozess sollte sich dabei nicht nur darauf richten, den Job zu kriegen, sondern unbedingt auch auf die Frage, ob sie den Job wirklich machen wollen und ob die Bedingungen stimmen.
  2. Anschreiben: nicht zu viel Zeit investieren
    Wenn Arbeitgeber dies anbieten, ruhig auf ein Anschreiben verzichten und auf Angebote der Kurzbewerbung setzen. Ansonsten auf formale Korrektheit achten und das Schreiben kurz halten. Gesuchte Fachkräfte fliegen kaum wegen eines unauffälligen Anschreibens aus dem Rennen. Die meisten HR-Verantwortlichen nehmen sich oft nicht mehr als eineinhalb Minuten Zeit für die Durchsicht der Bewerbungsunterlagen und schauen dabei wesentlich genauer auf den Lebenslauf.
  3. Fehler: korrekt bleiben, aber ohne Angst
    Keine Angst vor Fehlern, wegen eines missglückten Buchstabens fliegen händeringend gesuchte Fachkräfte kaum aus dem Rennen. Allerdings stellt für alle, die beruflich schreiben – zum Beispiel als Sekretär:innen, die Bewerbung eine Arbeitsprobe dar. Alle Fachkräfte-Bewerber sollten die Bewerbung nach Möglichkeit im Familien- oder Freundeskreis gegenlesen lassen.
  4. Gehalt: informieren und selbstbewusst auftreten
    Die Praxis der Betriebe, beim Gehalt erst im letzten Moment die Katze aus dem Sack zu lassen, ist veraltet. Bei anhaltender Verknappung des Fachkräftenachschubs dürfte die Bereitschaft der Unternehmen größer werden, sich auf Verhandlungen mit Bewerbenden einzulassen. Hier gilt: Nicht zu bescheiden auftreten – im Rahmen des Möglichen angemessene Forderungen stellen. Dazu gegebenenfalls veröffentlichte Gehaltsdaten nutzen. Wenn beim Gehalt nichts zu machen ist, kommen Arbeitgeber Ihnen möglicherweise bei anderen Dingen entgegen.
  5. Interesse zeigen: am Betrieb und an Ihrer Person
    Arrogantes Auftreten findet kein Arbeitgeber gut. Zeigen Sie im Gespräch, dass Sie sich für den Arbeitgeber wirklich interessieren. Es spricht aber nichts dagegen, an geeigneter Stelle (bei entsprechenden Fragen) zu signalisieren, dass sich auch andere Arbeitgeber für Sie interessieren. Damit verbessern Sie Ihre Verhandlungsposition.

Über die Bewerbungsmythen-Studie von meinestadt.de

Das Marktforschungsinstitut respondi hat im Auftrag von meinestadt.de im Januar 2022 rund 2.000 Fachkräfte mit Berufsausbildung und 250 HR-Verantwortliche online um ihre Einschätzung zu Bewerbungsmythen gebeten.

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