Für Unternehmen

Jeder Dritte erlebt Vertrauensbruch am Arbeitsplatz

Fachangestellte in einem Betrieb
© dusanpetkovic1/AdobeStock

18. April 2024

Vertrauen ist die Basis für Homeoffice, flexible Arbeitszeiten und eigenverantwortliches Arbeiten. Wie steht es um die Vertrauenskultur in deutschen Unternehmen? Nur 23 % der Fachkräfte bewerten die Vertrauenskultur im eigenen Betrieb als sehr gut. Fast jeder Dritte hat schon einmal einen Vertrauensbruch am Arbeitsplatz erlebt. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Jobportals meinestadt.de, für die das Marktforschungsinstitut Bilendi im Januar 2024 insgesamt 3.000 Fachkräfte mit Berufsausbildung befragt hat.

Vertrauenskrise

30 % der Befragten geben an, dass ihr Vertrauen am Arbeitsplatz schon einmal missbraucht wurde. In der Pflege und im Handel sind es jeweils 35 %. Bei aktiv Jobsuchenden steigt dieser Wert sogar auf 42 %. Dies zeigt, dass Vertrauen ein wichtiger Faktor für die Bindung von Mitarbeitenden ist. Als Vertrauensbruch werden in den Freitextfeldern am häufigsten folgende Punkte genannt: Mobbing unter Kollegen, die Weitergabe von vertraulichen Informationen, Vorteile verschaffen durch Lügen oder ‘Schmücken mit fremden Federn’ und ausgenutzte Gutmütigkeit.

Als uneingeschränkt positiv bewerten nur 23 % der Fachkräfte die Vertrauenskultur bei ihren Arbeitgebern, mit Einschränkungen sind es weitere 52 %. Der direkten Führungskraft vertrauen 28 % „voll und ganz“, der Geschäftsführung nur noch 20 %. Fast jede fünfte Fachkraft (19 %) vertraut ihrer direkten Führungskraft gar nicht. In Zeiten von Fachkräftemangel können sich Unternehmen Vertrauensprobleme schlichtweg nicht mehr leisten.

Fachkräfte führen Zweckgemeinschaft

61 % der Fachkräfte beschreiben ihre Beziehung zum Arbeitgeber als Zweckgemeinschaft. 40 % stimmen der Aussage zu, dass sie im Job „eine Rolle spielen, um nicht anzuecken“. 34 % haben „Sorge, als dumm oder kritisch“ zu gelten, wenn sie zu viele Fragen stellen und 36 % trauen sich im Job nicht, „Gefühle und Sorgen offen zu zeigen“.

Vertrauen und Mitarbeiterbindung

Von den Fachkräften, die sich aktuell aktiv um Jobs bewerben, betrachten nur 19 % die Vertrauenskultur im Unternehmen als uneingeschränkt positiv. Bei denjenigen, die weder aktiv noch passiv nach neuen Jobs Ausschau halten, sind es 33 %. Vertrauen und Mitarbeiterbindung sind eng miteinander verknüpft. Darauf weist auch ein weiterer Befund hin: 42 % der aktiv nach Jobs suchenden Fachkräfte haben die Erfahrung gemacht, dass ihr Vertrauen am Arbeitsplatz schon einmal ausgenutzt oder enttäuscht wurde. Bei den Fachkräften, die nicht offen für Jobangebote sind, liegt der Anteil nur bei 23 %.

Viel Vertrauen in kleinen Unternehmen

Wie die Vertrauenskultur eingeschätzt wird, hängt jedoch entscheidend von der Branche und der Unternehmensgröße ab. 42 % der Fachkräfte in Kleinstunternehmen (weniger als 10 Mitarbeitende) stellen der Vertrauenskultur im Unternehmen ein sehr gutes Zeugnis aus. In Großbetrieben mit über 1.000 Beschäftigten sind es nur 18 %. Im Branchenvergleich sehr hoch liegt der Wert im Handwerk (31 %), niedrig dagegen fällt er in der Pflege aus (16 %).

Aktuelle Krisen und Vertrauen

Die zahlreichen aktuellen Krisen beschädigen möglicherweise unsere Fähigkeiten zu vertrauen. 48 % der Fachkräfte gehen davon aus, dass die aktuellen Krisen auch ihre eigene Vertrauensfähigkeit mindern. Die Bedeutung der Vertrauenskultur im Unternehmen wird in den Augen einer Mehrheit der Fachkräfte von 72 % dagegen zunehmen. Das gilt sowohl für die Bindung als auch für die Gewinnung von Mitarbeitenden. 66 % der Fachkräfte sagen, dass sie in Krisenzeiten mehr Stabilität im Arbeitsumfeld suchen.

Unternehmen müssen Vertrauen aktiv aufbauen

„Im Hinblick auf den Fachkräftemangel können sich Unternehmen Vertrauensprobleme schlichtweg nicht mehr leisten. Die Studie zeigt, dass Unternehmen aktiv an einer vertrauensvollen Unternehmenskultur arbeiten müssen, um Fachkräfte zu gewinnen und zu binden – insbesondere in Krisenzeiten”, so Mark Hoffmann, CEO von meinestadt.de.

Auszüge Freitextfeld zu Vertrauensbruch am Arbeitsplatz:

  • Mobbing ohne Unterbindung durch die Führungskraft, keine Konsequenzen für die Täter.
  • Ich wurde auf meinem Arbeitsplatz gemobbt und aufgrund meiner Krankheit diskriminiert.
  • Ich wurde beim Chef angeschwärzt.
  • Habe einer Kollegin Vertrauliches erzählt, die es an die Vorgesetzte weitergetragen hat.
  • Kollege war angeblich krank, dabei war er im Urlaub.
  • Ich habe jemand weiterentwickelt, der mich dann hintergangen hat.
  • Meine Lösungskompetenz wurde durch meinen Vorgesetzten als eigene Überlegung „verkauft“!
  • Mir wurde vor meiner Elternzeit mein Arbeitsplatz zugesichert und als ich wieder kam, wusste niemand mehr was davon.
  • Kommunikation der Schwangerschaft durch die GF, obwohl noch nicht offiziell.
  • Meine Erkrankung wurde mir bei einer Gehaltserhöhung vorgehalten und ich sollte unterschreiben, dass ich die nächsten Jahre auf eine Gehaltserhöhung verzichte.
  • Ich bin sehr hilfsbereit und greife unter die Arme, das wurde in der Vergangenheit oft ausgenutzt und ich habe Arbeit von anderen übernommen.
  • Mich aus dem Urlaub zurückgeholt mit einem Versprechen und später wurde es nicht eingelöst und ich bin auf den Kosten sitzen geblieben.
  • Eine befreundete Kollegin hat meinem Vorgesetzten erzählt, ich wäre nicht wirklich krank gewesen. War gelogen.
  • Habe kein zuvor vereinbartes Weihnachtsgeld erhalten.
  • Fehler der Kollegin wurde mir von ihr zugeschrieben.
  • Im Gespräch unter 4 Augen wurde etwas anderes kommuniziert als dann vor dem gesamten Team.
  • Mit meinem Zugang wurde Geld veruntreut.
  • Kollegin hat ihr eigenes Fehlverhalten mir in die Schuhe geschoben.
  • Mir ging es nicht gut und ich habe es meiner Kollegin erzählt, diese ist dann sofort zur Chefin und meinte, dass ich vielleicht fehl am Platze sei.
  • Nacktfoto von mir wurde herumgereicht über WhatsApp.
  • Kein Gehalt bekommen.

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