Köln, 24. Oktober 2019
Während in Akademiker-Deutschland lebhaft über „New Work“ und „partizipative Führung“ diskutiert wird, müssen sich viele der Fachkräfte mit Berufsausbildung mit cholerischen, zynischen oder anderweitig zur Führung ungeeigneten Vorgesetzten auseinandersetzen. Das ist das Ergebnis der aktuellen Umfrage von meinestadt.de, führender Stellenmarkt für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Das Marktforschungsinstitut respondi hatte dazu insgesamt 2.085 Fachkräfte mit Berufsausbildung im Alter von 25 bis 65 Jahren online befragt. Der Studie zufolge haben 30,2% der Fachkräfte schon einmal den Job wegen eines Vorgesetzten gekündigt.
Schulnoten für den Chef: reicht die 3+?
Im branchenübergreifenden Durchschnitt bewerten Fachkräfte ihre Vorgesetzten mit einer Durchschnittsnote von 2,67. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Branchen: Im Handwerk wird mit 2,43 besser bewertet als in der Logistik (2,77). Nun ist eine 3+ keine schlechte Schulnote. Aber ist sie gut genug? Die Führungspraxis von Vorgesetzten entscheidet darüber, ob sich Mitarbeiter in ihrem Job wertgeschätzt, gut gefördert, kurzum wohlfühlen. Angesichts fehlender Fachkräfte ist eine im Schnitt eher mittelmäßig bewertete Führung durchaus kritisch zu sehen. Branchenübergreifend bewerten immerhin 20,1 % der Fachkräfte ihre Vorgesetzten nur mit „ausreichend“, „mangelhaft“ oder „ungenügend“.
Positive Führungserlebnisse: Blumenstrauß zum Jubiläum
In der Studie kommentieren Fachkräfte positive wie negative Erlebnisse mit ihren Vorgesetzten. Bei den positiven Erlebnissen geht es vielfach um Wertschätzung. Diese wird in kleinen Gesten wie dem Blumenstrauß zum Firmenjubiläum ebenso ausgedrückt, wie in großen Worten: Als „schönstes Erlebnis“ teilt eine Fachkraft mit, dass sein Vorgesetzter „vor allen anderen sagt, dass er weiß, was er an mir hat.“ Häufig zeigt sich in den geschilderten positiven Erlebnissen die Führungskraft auch als „Helfer in der Not“, der auf Stresslagen der Mitarbeiter fürsorglich reagiert: „Als es mir privat nicht gut ging, hat er Stress und Arbeit von mir ferngehalten.
Negative Führungserlebnisse: Ordner als Wurfgeschosse
In den Schilderungen negativer Erlebnisse hingegen zeigen sich Vorgesetzte anscheinendmit ihrer Aufgabe überfordert und unkontrolliert: Sie setzen Aktenordner als Wurfgeschosse ein, haben „cholerische Anfälle wegen Nichtigkeiten“ und schreien ihre Mitarbeiter „vor versammelter Mannschaft“ an. Doch bleibt es nicht beim cholerischen Anfall. Einige Vorgesetzte üben den Schilderungen der Umfrageteilnehmer zufolge systematisch Druck auf die Mitarbeiter aus, verweigern ihnen den Gang zur Toilette, beleidigen sie persönlich und lassen sie wochenlang ohne Pause durcharbeiten.
Chef als Kündigungsgrund: „Jeder hatte Angst vor ihm"
Kein Wunder, dass fast jede dritte Fachkraft den Job schon einmal wegen eines Vorgesetzten gekündigt hat. Nach den Gründen gefragt, berichtet eine Fachkraft, dass vor ihrem Vorgesetzten einfach „jeder“ Angst gehabt habe. Eine andere resümiert: „Er hat mich psychisch krank gemacht.“Die Regel „employees join companies but leave managers“ gilt offensichtlich auch für Fachkräfte mit Berufsausbildung. In kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern liegt der Anteil derjenigen, die schon einmal aus Frust über schlechte Führungskompetenzen gekündigt haben, mit 36,0 % deutlich höher als bei größeren Arbeitgebern mit über 500 Mitarbeitern, hier sind es 25,4 %.