Benachteiligung bei der Bewerbung

Hier erfährst du wann eine Benachteiligung im Bewerbungsverfahren rechtswidrig ist und wie du dich als betroffene Person dagegen wehren kannst. Informiere dich hier, wie ein Vorstellungsgespräch idealerweise ablaufen sollte und was du machen kannst, wenn du benachteiligt wirst.

Frau bei einem Bewerbungsgespräch
© 197246714/AdobeStock

In aller Kürze

  • Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz beinhaltet Richtlinien für Arbeitgeber:innen.
  • Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität sind rechtswidrig.
  • Die Benachteiligung im Bewerbungsprozess kann in der Stellenausschreibung, sowie bei der Vorauswahl der Bewerbenden und bei dem Vorstellungsgespräch auftreten.
  • Im Idealfall sollte dein Vorstellungsgespräch wie folgt aussehen: Begrüßung, Selbstpräsentation, Unternehmensvorstellung, Motivation, deine Fragen.

Wann liegt eine Benachteiligung vor?

Unterscheiden solltest du zwischen nachvollziehbaren Anforderungen für eine Stelle und ungerechtfertigter Benachteiligung. Steht in der Stellenausschreibung zum Beispiel, dass eine mehrjährige Berufserfahrung oder ausgezeichnete Deutschkenntnisse notwendig sind, sind das nachvollziehbare Anforderungen, um eine bestimmte Position gut zu erfüllen.

Das ist nicht der Fall wenn zum Beispiel eine Frau, die aufgrund ihres Glaubens ein Kopftuch trägt, aus diesem Grund nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird. Das Tragen eines Kopftuches hat nichts damit zutun, wie gut sie in ihrem Job ist. Ein älterer Mann, der aufgrund seines Alters nicht in Betracht gezogen wird, wird übrigens ebenfalls diskriminiert.

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG formuliert Richtlinien, an die sich jeder Arbeitgeber halten sollte. Ziel des Gesetzes ist Benachteiligungen aus den folgenden Gründen entgegenzuarbeiten oder zu verhindern:

  • ethnischen Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion
  • Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • sexuelle Identität

Wie kann eine Benachteiligung im Bewerbungsprozess auftreten?

Stellenausschreibung

Schon in der Stellenausschreibung kann ein Diskriminierung bestimmter Personengruppen erfolgen. Beispiel: “Junge, dynamische Verkäuferin für Verkauf gesucht” – Hier wird auf das äußere Erscheinungsbild eingegangen und weniger dynamische oder ältere Bewerber:innen ausgeschlossen. Auch ist es in einer Stellenausschreibung in der Regel nicht erlaubt nur nach weiblichen Mitarbeiterinnen oder nur nach Mitarbeitern zu suchen.

Laut des §2 des Arbeitsschutzgesetzes gelten darüber hinaus Absagen aufgrund des Alters oder des Geschlechts als Benachteiligung und sind unzulässige Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen.

Eine Firma darf sich selbst als “jung und dynamisch” präsentieren. Steht in der Anzeige aber “Sie arbeiten gerne in einem jungen, dynamischen Team?” schwingt in der Wortwahl mit, dass ältere Bewerbende automatisch ausgeschlossen werden. Deswegen handelt es sich dann wieder um Benachteiligung.

Ein ähnlicher Fall ist die Suche nach einer “Fachkraft mit Muttersprache Deutsch”. Sucht ein Unternehmen in der Stellenausschreibung nach einer bestimmten Muttersprache, riskiert es, verklagt zu werden, da so Personen mit sehr guten Deutschkenntnissen aber einer anderen Muttersprache diskriminiert und vom Bewerbungsprozess ausgeschlossen werden.

Mitte 2015 gab es zwei Prozesse, die sich damit befasst haben, ob Stellenausschreibungen gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, wenn sie bestimmte Sprachkenntnisse voraussetzen.

Das Landesarbeitsgericht Hessen kam zu dem Schluss, dass die Anforderung “Deutsch als Muttersprache” Bewerber:innen mit einer anderen Muttersprache aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit benachteiligt. Der Arbeitgeber musste eine Geldstrafe von 3.200 Euro, was zwei Bruttomonatsgehältern der ausgeschriebenen Stelle entspricht, an die betroffene Person zahlen.

Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat in einem ähnlichen Prozess entschieden, dass die Anforderung “sehr gute Englischkenntnisse” keine Benachteilgung darstellt.

Auch wenn beide Landesarbeitsgerichte zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind, entsprechen beide Entscheidungen dem AGG. Eine entscheidende Rolle spielt die Tatsache, dass es in dem einen Fall um Deutschkenntnisse ging. Die Anforderung “Muttersprache” benachteiligt Bewerbende unmittelbar, unabhängig davon welche Muttersprache verlangt wird. Anforderungen an “sehr gute Sprachkenntnisse” stellen “nur” eine mittelbare Benachteiligung dar.

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Vorauswahl der Bewerbenden

Eine faire Auswahl erfolgt dann, wenn du bei einer Bewerbung anhand deiner Fähigkeiten beurteilt wirst. Bewerbungsfoto, Tattoos oder Piercings sollten hierbei keine Rolle spielen. Da dieser Schritt sehr intransparent ist, ist es als Bewerberin oder Bewerber jedoch nahezu unmöglich nachzuvollziehen, woran es gescheitert ist.

Tattoos und Piercings sind im Allgemeinen längst gesellschaftsfähig. Sie sind Privatsache und können demnach nicht vom Arbeitgeber negativ ausgelegt werden. Allerdings endet das Recht des Arbeitnehmers auf einen eigenen Stil, sofern der Arbeitgeber begründetes Interesse daran hat, darauf Einfluss zu nehmen.

Angenommen du möchtest im Außendienst arbeiten, hast regelmäßigen Kundenkontakt und repräsentiert durch dein Auftreten die Firma, solltest du in Betracht ziehen, dass möglicherweise der Grund für die Absage dein Körperschmuck sein könnte.

Je nach Branche unterscheidet sich dies aber. Möchtest du im kreativen Bereich arbeiten oder einen Job ausüben, in dem Außentermine nicht auf der täglichen Agenda stehen, darf und soll dir ein individuelles Aussehen nicht die Chance auf einen Job verbauen.

Absagen aufgrund der Hautfarbe sind immer diskriminierend, da diese nicht in Verbindung mit einem gepflegten, eleganten Äußeren steht und dem AGG widersprechen.

Vorstellungsgespräch

Während des Vorstellungsgesprächs wird eine Diskriminierung oder Benachteiligung am stärksten deutlich. Fragen nach dem Alter, der Herkunft oder dem Glauben haben in den meisten Fällen keine Relevanz für die angestrebte Position und sollten demnach vermieden werden. Fragen die im Zusammenhang mit dem Geschlecht, einer Behinderung, der sexuellen Identität, einer Schwangerschaft oder Vorstrafen stehen sind unzulässig und müssen von der sich bewerbenden Person nicht beantwortet werden. Fühlst du dich in die Enge getrieben, kannst du auch lügen.

Stellt der Personaler oder die Personalerin jedoch eine wertfreie Frage zu deinem Privatleben wie beispielsweise “Welches Thema aus dem aktuellen Tagesgeschehen beschäftigt sie aktuell besonders?” , macht die Person sich aber nicht strafbar.

Fragt dich der Personaler oder die Personalerin etwa persönliche Fragen wie “Aus welchem Land kommen sie ursprünglich?”, “Haben Sie Schulden?” oder “Planen Sie in nächster Zeit zu heiraten / ein Kind zu bekommen?” hinterlässt dies nicht nur einen komischen Eindruck, da diese Fragen in dein Privatleben eindringen, sondern die Person macht sich sogar strafbar. Da professionelle Personaler:innen dies wissen, kann es sein, dass sie mit Tricks versuchen Antworten auf scheinbar wichtige Fragen zu bekommen.
So kann es sein, dass dein Gegenüber vermutet, dass sich deine politische Haltung, nicht mit der der meisten anderen Mitarbeiter:innen deckt und befürchtet, dass es dadurch zu Unruhe und Ärger kommen kann. Die Frage “Welche Partei wählen Sie?” oder “Wie stehen Sie zu der Aussage, die Politiker XY kürzlich getätigt hat?” sind jedoch nicht erlaubt.

Was tun bei einer Benachteiligung im Bewerbungsprozess?

Wirst du im Bewerbungsprozess benachteiligt behandelt oder gar diskriminiert, kann dies schwere Folgen für das Unternehmen haben. Besteht der Verdacht, dass die Ablehnung einen Verstoß gegen das AGG darstellt, kannst du Klage einreichen. Damit die Klage wirksam wird, musst du vor Gericht sogenannte Indizien vorweisen. In diesem Fall sind das beispielsweise eine diskriminierende Stellenanzeige oder ein Ablehnungsschreiben mit einer unrechtmäßigen Begründung. Ablehnungsschreiben sind in der Regel recht neutral gehalten. Der Grund hierfür ist, dass Personalverantwortliche so das Risiko verringern wollen, dass das Unternehmen wegen Diskriminierung verklagt wird.

Auch wenn die Absage auf den ersten Blick nett scheint, kann sie diskriminierend sein. Achte auf Sätze wie “Sie sind für unser Unternehmen leider zu alt/jung” oder “Da die Tätigkeit einen hohen körperlichen Einsatz erfordert, haben wir uns für einen männlichen Bewerber entschieden”.

Schau dir hier an, wie ein korrektes Absageschreiben aussehen kann:

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XY,
nach Durchsicht aller bei uns eingegangenen Unterlagen ist unsere Wahl auf eine Person gefallen, die dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Position besonders gut entspricht. Trotz Ihres ebenfalls sehr interessanten Werdeganges können wir Ihre Bewerbung daher leider nicht berücksichtigen. Für Ihre Zukunft und die weitere Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung wünschen wir Ihnen viel Erfolg.

Anonymisierte Bewerbungsverfahren zum Schutz der Bewerber:innen

Um Diskriminierung und Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt zu verhindern, wurde 2010 ein Projekt ins Leben gerufen, in dem verschiedene Unternehmen, Behörden und Kommunen anonymisierte Verfahren getestet haben.

Hierbei wurden Bewerber:innen nur aufgrund ihrer Qualifikation zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Angaben zur Person, wie Name, Adresse, Alter, Familienstand, Herkunft oder ein Foto werden weggelassen.

Das Bewerbungsverfahren ohne persönliche Angaben kann auf drei verschiedenen Wegen erfolgen:

  • Du musst einen anonymisierten Online-Bewerbungsbogen ausfüllen, indem ausschließlich die Kompetenzen, Motivationen und Qualifikationen erfasst werden die für die ausgeschriebene Stelle notwendig sind
  • Du erhältst ein anonymisiertes Bewerbungsformular per Post oder E-mail, das du ausgefüllt zurückschicken muss
  • Du bewirbst dich auf herkömmlichem Wege und anonymisierst deine Bewerbung im Nachgang durch das Schwärzen der persönlichen Daten

So sollte dein Vorstellungsgespräch im Idealfall aussehen

Mit der richtigen Vorbereitung, kannst du ohne Bedenken in dein Vorstellungsgespräch starten. Hole dir hier Tipps, wie dieses im Idealfall aussehen sollte und informiere dich darüber, was in einem Vorstellungsgespräch erlaubt ist und was nicht. In der Regel dauert ein Vorstellungsgespräch zwischen 30 und 60 Minuten, wobei gilt, je höher die Anstellung, desto länger der Termin.

Meist beginnt das Vorstellungsgespräch mit der Begrüßung außerhalb des eigentlichen Gesprächsraums. Im Unternehmen angekommen, stellst du dich vor und wirst dann entweder in einen Raum gebracht oder abgeholt.

Wenn du dann auf deine:n Personaler:in triffst, stellst du dich erneut kurz vor.

Jetzt beginnt der erste Smalltalk und Fragen wie “Wie war Ihre Anreise?” oder “Haben Sie gut hergefunden?” können dich erwarten. Hier gilt, stets freundlich antworten und ein bisschen plaudern.
Habt ihr Platz genommen stellen sich alle am Gespräch Teilnehmenden kurz einander offiziell vor. Oftmals soll die sich bewerbende Person beginnen, indem sie dazu aufgefordert wird, etwas von sich selbst zu erzählen.

Hierbei musst du nur das preisgeben, was du für richtig hältst. Möchtest du dein Privatleben und das Berufliche trennen ist es auch vollkommen in Ordnung, wenn du dich ausschließlich auf deinen beruflichen Werdegang konzentrierst.
Als nächstes stellt sich in der Regel das Unternehmen vor, indem Informationen über das Unternehmen, dessen Produkte und Dienstleistungen offen gelegt werden. Zudem kann es sein, dass der:die Personaler:in mit detaillierten Fragen prüft, ob du deine Hausaufgaben gemacht hast und dich über das Unternehmen informiert hast.

Beantworte diese am besten so direkt wie möglich, ohne große Ausschweifungen. Wenn du noch mehr über das Unternehmen weist, dies aber nicht gefragt wird, behalte die Informationen für dich.
Nun kommt der entscheidende Schritt im Vorstellungsgespräch. Die Personalerin oder der Personaler versucht idealerweise anhand gezielter Fragen herauszufinden, warum du für den Job geeignet bist. Fragen wie “Warum möchten Sie in unserem Unternehmen arbeiten?”, “Welche Qualifikationen bringen Sie für den Job mit?” oder “Was interessiert dich an der Stelle am meisten?” deuten darauf hin, dass du bislang einen guten Eindruck hinterlassen hast und die Personaler:innen überzeugt von deinem Auftreten sind.

Zu persönliche Fragen sind unzulässig und müssen von dir nicht beantwortet werden.
Bei einem fairen Bewerbungsgespräch wird dir am Ende Raum für Fragen gelassen. Mit diesen kannst du dein Interesse an der Stelle zeigen, achte aber drauf, dass du keine Fragen stellst, wo du die Antworten bereits durch den Internetauftritt des Unternehmens recherchieren hättest können. Fragen nach dem Arbeitsklima oder dem Altersdurchschnitt des Teams sind durchaus legitim und symbolisieren, dass du Interesse an der Stelle hast.

Stellst du keine Fragen, wird das oft mit Desinteresse verwechselt.

Hinweis:

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